Malakoffturm © Jane Kreiser
(red.)Spektakuläre Einblicke in 3D: Forscherteam geht den Geheimnissen des Malakoffturms auf den Grund
Die Forschungsstelle Kaiserpfalz und die Technische Universität Darmstadt sorgen mit einem neuen digitalen Angebot für ungewöhnliche Perspektiven. Ab Freitag, 30. April, können Besucher der virtuellen Ausstellung „Ortsbefestigung3punkt0.de“ auch den Malakoffturm im Rosengarten bei der Burgkirche erkunden. Und das Besondere dabei: Mit einer Virtual Reality-Brille (VR-Brille) kann man den Turm sogar „betreten“ und sich darin umschauen und bewegen. Wer eine VR-Brille besitzt, kann sich dafür eine Datei herunterladen, für alle anderen Besucher ist der Rundgang direkt in der Ausstellung verfügbar.
In jedem Fall bietet sich für alle Burgenfans und Geschichtsinteressierten eine einmalige Gelegenheit, denn die virtuelle Tour durch den Turm geht buchstäblich in die Tiefe.
Was viele vermutlich nicht wissen: Im unteren Teil des Bauwerks befindet sich ein rund 6,5 Meter tiefer Raum, auch „Verlies“ genannt. Piotr Noszczyński von der Forschungsstelle hat sich auf das Abenteuer eingelassen und auch diesen Bereich erkundet. Ob das „Verlies“ des Malakoffturms tatsächlich als Kerker genutzt wurde, ist in den Schriftquellen bisher nicht belegt. Dass diese Räume als Gefängnisse gebaut wurden, wird aber in der Forschung inzwischen eher als eine romantisierende Vorstellung des 19. Jahrhunderts angesehen. Aus dieser Zeit stammt auch die Benennung „Verlies“. Das bedeutet nicht, dass Türme dieser Art im Mittelalter nicht auch als Gefängnis genutzt worden sein könnten. Bezeichnungen von Türmen anderer Befestigungen als „Bürgerturm“, „Diebsturm“, „Faulturm“ oder „Hexenturm“ stammen aber aus dem Spätmittelalter oder der Neuzeit.
Entstanden ist dieses für Ingelheim bislang einzigartige Projekt im Rahmen der seit 2017 laufenden Forschungskooperation zwischen der Forschungsstelle Kaiserpfalz Ingelheim und der Technischen Universität Darmstadt, Fakultät für Architektur, Fachgebiet Klassische Archäologie. Im September 2020 hatten die beiden Kooperationspartner bereits die Ausstellung „Ortsbefestigung 3.0. – Innovative Bauforschung in Ingelheim“ in Form eines 360°-Rundgangs in der Ober-Ingelheimer Burgkirche veröffentlicht. Die Besichtigung des Malakoffturms wurde nun nach rund zweimonatiger technischer Entwicklung in diesen Rundgang integriert.
Seit November letzten Jahres hat sich das fünfköpfige Forscherteam aus Archäologen und Bauforschern intensiv mit der Untersuchung des Turmes befasst. Es sind die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen mit modernen Methoden: Zuletzt hatte der Kunsthistoriker und Architekt Christian Rauch im Jahr 1934 seine Forschungsergebnisse zum Malakoffturm publiziert. Voraussichtlich 2022 sollen auch die neuen Ergebnisse in der neuen Reihe „Ingelheims historisches Erbe“ veröffentlicht werden.
Die Tour durch den Malakoffturm ist über die Ausstellungs-Website „Ortsbefestigung 3.0“ erreichbar: www.ortsbefestigung3punkt0.de
Weitere Infos: www.facebook.com/kaiserpfalz.ingelheim