Ralf Hoffmann weiß, wie reizvoll eine Entdeckungstour durch die Ottweiler Altstadt sein kann. Von Beruf ist Hoffmann Rathaussprecher. Seit mehr als 20 Jahren in der Stadtverwaltung tätig und betraut unter anderem mit Wirtschaftsförderung und Vereinswesen, weiß er, wovon er spricht. Für einen Bummel empfiehlt Ralf Hoffmann seinen Gästen den Samstagvormittag: „Denn dann kann man auch einen Abstecher auf den Wochenmarkt einlegen. Den gibt es hier immerhin schon seit 1552.“
Von Klerikern und Nassauern
Die Ursprünge der Stadt Ottweiler liegen sogar noch viel weiter zurück. Zu finden sind sie im 9. Jahrhundert, in einer Klostergründung im heutigen Stadtteil Neumünster.
„Nach der langen Herrschaft der Kleriker gaben die edlen Damen und Herren aus dem Geschlecht der Nassauer den Ton an“, weiß Hoffmann: „Zuletzt waren sie mit der Grafen- und der Fürstenwürde ausgestattet.“
Von der Pracht aus jenen Tagen zeugen noch heute die Fassaden alter Bürgerhäuser und klassischer Fachwerkbauten. Fährt man auf der B 41 eilig an der Altstadt vorbei, ahnt man kaum, welch historische Kleinode sich hier verbergen.
Palais nach französischem Vorbild
Der Altstadt-Kenner Ralf Hoffmann schlägt vor, mit einer Runde durch Ottweiler in der Wilhelm-Heinrich-Straße am Witwenpalais zu beginnen, dem heutigern Landratsamt. „Die namensgebende Witwe war die Fürstin Sophie Erdmuthe von Nassau-Saarbrücken, eine kulturell profilierte Frau des 18. Jahrhunderts“, berichtet Hoffmann, dass der Saarbrücker Fürst Wilhelm Heinrich seinerzeit den Architekten Friedrich Joachim Stengel mit der Errichtung eines Stadtpalais nach französischem Vorbild beauftragt hatte.
Weiter führt die Route durch die Wilhelm-Heinrich-Straße, in der es auch heute noch einige schmucke Fassaden aus dem 18. und 19. Jahrhundert zu besichtigen gibt. „Heute kann man sich nicht mehr vorstellen, dass der Verkehr von Saarbrücken nach St. Wendel und zum Rhein früher durch die Enggass geflossen ist“, sagt Hoffmann mit Blick auf jene schmale Gasse, die ihrem Namen alle Ehre macht. Von Hausfront zu Hausfront misst man hier kaum sechs Meter Abstand. Die Enggass mündet auf den Rathausplatz mit seinen Giebelhäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert; einige davon sind Fachwerkbauten. Hier steht auch das Alte Rathaus von 1717. Gegenüber liegt das Bäckereimuseum.
Die „Zippelkapp“ und ein verschwundenes Schloss
Als Wahrzeichen thront über den Dächern des Rathausplatzes die „Zippelkapp“: So wird im Ottweiler Volksmund der Wehrturm genannt. Das Bauwerk, heute Kirchturm, ist ein Zeugnis aus dem Spätmittelalter.
„Manche Besucher wunden sich, wenn sie auf dem Schlossplatz stehen und hier auf Schildern vom Schlosshof und dem Schlosstheater lesen. Denn ein Schloss ist hier nicht mehr zu sehen“, sagt Ralf Hoffmann. Was man hier aber noch finden kann, sind einige stattliche Häuser, bei denen es sich einst um die Anwesen von Hofbeamten handelte.
Das Schloss wurde 1580 im Stil der Renaissance errichtet. 1728 war die selbstständige Grafschaft Nassau-Ottweiler erloschen, das Residenzschloss nach Kriegen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Daher wurde anno 1753 auf Befehl des Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken abgetragen. An seinem einstigen Standort befindet sich heute die erwähnte Theater- und Tagungsstätte.
Wo der Stengelpavillon grüßt
Zurück auf der Bundesstraße 41 kann man gegenüber der Einfahrt in die Altstadt in einem Rosengärtchen den gut erhaltenen Stengelpavillon an der Blies sehen: ebenfalls ein Werk des Saarbrücker Architekten.