Das Erbe des Avantgarde-Komponisten Aribert Reimann (1936-2024) lebt an der Oper Frankfurt fort. Seine 1971 uraufgeführte Oper Melusine offenbart eine äußerlich märchenhafte Handlung, was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass unter ihrer Oberfläche gewichtige politische Konflikte brodeln. Das Libretto von Claus H. Henneberg zeichnet die Titelfigur als junge, verheiratete Frau, die sich von ihrem gleichgültigen bürgerlichen Umfeld eingeengt fühlt. Eine Gegenwelt findet Melusine in einem verwilderten Park, in dem Pythia als „Königin der Weiden“ herrscht. Die auf dem Parkgelände geplante Erbauung eines Schlosses kann Melusine trotz entschiedenen Widerstands nicht verhindern und verliebt sich bei Eröffnung des Schlosses in dessen Bauherrn, den Grafen von Lusignan. Pythia schwört für Melusines Verrat Rache.
Die Inszenierung von Aileen Schneider zeigt Melusine als Repräsentantin einer idealistisch-lösungsorientierten Gesellschaft, die bei einem Coming of Age-Prozess zu beobachten ist. Dafür transferiert sie das Stück in eine unbestimmte Zukunft, in der die Ressourcen knapp sind und es so gut wie kein Wasser mehr gibt. In dieser zeit- und zukunftslosen Sphäre werden die Zuschauenden zum Teil des Raumes und damit der Stückrealität. Platziert in einem Rund um die Spielfläche herum, sind sie stumme Beobachterinnen und Beobachter eines Kampfes zwischen verzweifeltem Aufbegehren und einer transzendenten Akzeptanz des Unaufhaltsamen.
In der Titelpartie der Melusine ist Sopranistin Anna Nekhames zu erleben, die in der laufenden Spielzeit bereits die Partien der Aksinja (Lady Macbeth von Mzensk) und der Fünfzehnjährigen (Lulu) übernahm.
Premiere Freitag, 6. Juni 2025, um 19.00 Uhr im Bockenheimer Depot